Artikel im Beck'schen Referendarführer 2017/2018: Die anwaltliche Tätigkeit in einem Spin-off

Spin-off – was bedeutet das eigentlich?

Die deutsche Kanzleienlandschaft ist in den vergangenen Jahren zunehmend vielfältiger und bunter geworden. Längst haben sich neben den klassischen Einzelanwälten und Bürogemeinschaften auch mittelständische Anwaltssozietäten, hochspezialisierte Boutiquen und natürlich die internationalen Großkanzleien auf dem Anwaltsmarkt etabliert. In den letzten Jahren kamen noch die sogenannten Spin-offs hinzu, also Kanzleigründungen von mehreren Anwälten oder Anwaltsteams, die zuvor in größeren Einheiten – typischerweise Großkanzleien – tätig waren. Die Erscheinungsformen sind auch hier vielfältig und reichen von Sozietäten, die sich auf bestimmte Rechtsgebiete spezialisiert haben, bis hin zu Spin-offs mit einem umfassenderen Beratungsspektrum.

Das Besondere

Typisch für Spin-offs ist gerade in den Anfangsjahren die besondere Arbeitsatmosphäre. Das Umfeld ist familiär, die Hierarchien sind flach und Partner und Angestellte arbeiten mit großem Elan und Enthusiasmus an dem gemeinsamen Ziel, die Kanzlei zum Erfolg zu führen. Die Identifikation mit der Kanzlei an sich sowie mit den einzelnen Projekten ist bei allen Beteiligten entsprechend groß. Es gibt keine festgefahrenen Strukturen und viele Organisationsprozesse sind erst im Entstehen. Diese Ausgangssituation bietet jedem Einzelnen die Möglichkeit, Ideen einzubringen und unmittelbar an der Ausgestaltung der Kanzlei mitzuwirken. Diese Unternehmenskultur prägt das gemeinsame Arbeiten regelmäßig auch in der Folgezeit, wenn die Start-Up-Atmosphäre der Gründungsjahre langsam dem Gefühl weicht, in einer etablierten Sozietät tätig zu sein. So ist das Streben nach einem angenehmen und konstruktiven Arbeitsumfeld in persönlicher Atmosphäre in unserer Kanzlei auch nach sieben Jahren noch ein zentraler Wert. Teamarbeit, die gegenseitige Unterstützung sowie offene Türen prägen praxisgruppenübergreifend den Kanzleialltag. Aber auch in fachlicher Hinsicht bietet die Tätigkeit in einem Spin-off besondere Möglichkeiten. Die einzelnen Mandate sind regelmäßig nicht weniger interessant und insbesondere auch nicht weniger anspruchsvoll als in einer Großkanzlei. Das juristische Arbeiten erfolgt auf vergleichbar hohem Niveau. Gleichzeitig ermöglichen die in kleineren Einheiten typischerweise vorherrschenden Teamstrukturen auch Berufsanfängern eine frühe Einbindung in die Mandatsarbeit, einschließlich Mandantenkontakt und eigenverantwortlichem Arbeiten. Auch Referendare erhalten nicht nur Einblick in kleine Teilbereiche, sondern können ein Projekt oder Gerichtsverfahren oft umfassend begleiten.

Beratungsspektrum

Die Beratungsfelder, in denen Spin-off-Kanzleien tätig sind, decken ein weites Spektrum ab. Manche Neugründungen konzentrieren sich auf bestimmte Rechtsgebiete und bieten ihren Mandanten insoweit eine hochspezialisierte Beratung. Typische Beispiele hierfür sind Boutiquen im Bereich des Kartell- und Wettbewerbsrechts, des IT-/IP-Rechts sowie Kanzleien mit steuer- oder arbeitsrechtlichem Schwerpunkt. Daneben finden sich Kanzleien wie METIS, die ein umfassenderes wirtschaftsrechtliches Beratungsspektrum anbieten. So umfassen die Beratungsfelder von METIS derzeit die Bereiche Gesellschaftsrecht/M&A, Arbeitsrecht und Konfliktlösung sowie das allgemeine Wirtschafts- und Handelsrecht. Gerade in einer solchen Einheit lassen sich daher auch problemlos individuelle Interessenschwerpunkte einzelner Anwälte abbilden und in das Beratungsspektrum integrieren. Ebenso vielfältig wie die Beratungsbereiche, die Spin-off-Kanzleien abdecken, ist meist auch ihre Mandantenstruktur. Aufgrund der Tatsache, dass Partner und teilweise auch die angestellten Rechtsanwälte eines Spin-offs mehrere Jahre in Großkanzleien tätig waren und dort entsprechende Kontakte geknüpft haben, gehören zum Mandantenstamm regelmäßig internationale Unternehmen und Konzerne. Darüber hinaus sind Spin-off-Einheiten aber auch für international ausgerichtete mittelständische Unternehmen eine interessante Alternative zur Großkanzlei: Die Beratung erfolgt auf hohem Niveau, so dass der Mandant keine Kompromisse bei der Qualität zu machen braucht. Gleichzeitig bietet ihm ein Spin-off eine persönliche Beratung und die Strukturen einer kleineren Einheit ermöglichen eine hohe Kosteneffizienz.

Arbeitsalltag

Den typischen Arbeitstag eines Anwalts gibt es in einem Spin-off ebenso wenig wie in den meisten anderen Sozietäten. Der Anwaltsberuf zeichnet sich nicht zuletzt durch die Vielfältigkeit der täglichen Aufgabenstellung aus. Neben der Beratung individueller Transaktionen und Projekte begleiten wir bei METIS auch Stammmandanten in ihrem Unternehmensalltag oder in besonderen Situationen. In diesem Zusammenhang wird man als Anwalt mit sehr unterschiedlichen Herausforderungen konfrontiert – der Beratungsbedarf eines Chemieunternehmens unterscheidet sich in der Regel grundlegend von dem einer Bank oder eines Energieunternehmens und die Tätigkeit als Arbeitsrechtler von der des M&A-Anwalts.
Zu den klassischen Tätigkeiten im Gesellschaftsrecht zählen die Begleitung bei Unternehmenstransaktionen (z.B. Unternehmenskäufe, Umstrukturierungen oder Joint Ventures) sowie jenseits des Transaktionsgeschäfts beispielsweise die Gestaltung von Gesellschaftsverträgen, die Planung und Umsetzung von Gesellschafts- und Konzernstrukturen sowie die Unterstützung bei Gesellschafter- und Hauptversammlungen. Die auf Konfliktlösung spezialisierten Anwälte betreuen bei METIS insbesondere kapitalmarkt- und gesellschaftsrechtliche Auseinandersetzungen. Sie beraten bei allgemeinen Vertragsstreitigkeiten sowie in komplexen Schadens- und Haftungsfällen. Das Führen von Prozessen vor Gerichten und Schiedsgerichten gehört in diesem Bereich ebenso zum Tagesgeschäft wie die Unterstützung bei unternehmensinternen Untersuchungen und außergerichtlichen Verhandlungen. Im Bereich des Arbeitsrechts bieten wir bei METIS eine umfassende Betreuung von Unternehmen und Führungskräften an. Auch hier stellen außergerichtliche Verhandlungen und das Führen von Gerichtsprozessen einen Schwerpunkt der täglichen Arbeit dar. Hinzu kommt beispielsweise die Gestaltung unterschiedlichster Vertragsdokumente und Vereinbarungen, das Erstellen arbeitsrechtlicher Gutachten sowie die Beratung und Unterstützung von Unternehmen bei Restrukturierungsmaßnahmen und Transaktionen.

Spin-off als Arbeitgeber

Ein Spin-off stellt für Berufsanfänger eine interessante und attraktive Alternative zu den Großkanzleien dar. Die meisten Spin-offs sind nach einer gewissen Etablierungsphase am Markt auf Wachstum ausgerichtet und suchen regelmäßig motivierte und engagierte wissenschaftliche Mitarbeiter, Referendare und Junganwälte. Die Einstellungskriterien unterscheiden sich hierbei wenig von denen der Großkanzleien. Auch wenn man sich noch nicht sicher ist, welches Rechtsgebiet für einen persönlich das richtige ist, lohnt es sich, die Anwalts- oder Wahlstation in einem Spin-off zu absolvieren, da man in der kleineren Einheit einen breiteren Einblick in das Wirtschaftsrecht erhält als in der hochspezialisiert arbeitenden Großkanzlei. Eine weitere Einstiegsmöglichkeit stellt die (ggf. promotionsbegleitende) Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter dar. Aufgrund der durchlässigeren Strukturen in einer kleineren Sozietät besteht für Referendare und wissenschaftliche Mitarbeiter oftmals die Möglichkeit, verschiedene Rechtsgebiete kennenzulernen. Dies ist eine Chance, die sich für das weitere Berufsleben als äußerst wertvoll erweisen kann. In der praktischen Anwendung wird manchmal das Interesse an einem zu Studienzeiten noch eher ungeliebten Fachgebiet geweckt. So erging es mir mit dem Arbeitsrecht – einem Bereich, den ich erst während meiner Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei METIS wirklich kennenlernte und der mittlerweile den Schwerpunkt meiner Tätigkeit bildet.

Weiterbildungsmöglichkeiten

Die Weiterbildung der Anwälte ist in einem sich immer schneller ändernden
Umfeld natürlich auch für Spin-off-Kanzleien ein zentrales Thema, in das viel investiert wird. Auch wenn Spin-off-Kanzleien nicht über standortübergreifende interne Fortbildungsprogramme wie Großkanzleien verfügen, muss dies kein Nachteil sein. Eine entsprechende Wissensvermittlung erfolgt in der kleineren Einheit durch interne Vortragsreihen, ein Budget für externe Weiterbildungsmaßnahmen einschließlich Fachanwaltskursen und natürlich nicht zuletzt durch eine intensive Ausbildung am Mandat durch die betreuenden Anwälte. Eine weitere Entwicklungsmöglichkeit stellen sogenannte Secondments dar. Im Rahmen eines Secondments ist ein Anwalt für einen gewissen Zeitraum bei einem Mandanten als interner Berater tätig. Hierbei bietet sich die Chance, ein Unternehmen aus der Innenperspektive und damit aus Mandantensicht kennenzulernen. Bei entsprechender Mandantenstruktur ermöglichen häufig auch Spin-offs ihren Anwälten diesen Perspektivwechsel. Ich selbst hatte bei METIS die Gelegenheit, mehrere Monate in der Rechtsabteilung einer internationalen Großbank mitzuarbeiten. Für mich war diese Zeit sowohl in fachlicher wie auch in persönlicher Hinsicht ein großer Gewinn. Am prägendsten war dabei die Erkenntnis, dass eine fundierte juristische Einschätzung allein nicht immer die Lösung des Problems ist, sondern dass eine gute Beratung auch stets die praktischen Bedürfnisse des Mandanten im Blick haben muss.

Work-Life-Balance

Und wie sieht es bei einer Tätigkeit in einem Spin-off mit der Work-Life-Balance aus? Auch hier kommt es sicherlich auf das Geschäftsfeld und die individuellen Besonderheiten der jeweiligen Sozietät an. Allerdings wird man in keiner wirtschaftlich ausgerichteten Kanzlei einen »9 to 5«-Job finden. Die Arbeit an anspruchsvollen Mandaten setzt immer eine hohe Einsatzbereitschaft und ein gewisses Maß an Flexibilität voraus. Dennoch lassen sich Privatleben und Beruf in einer kleineren Einheit mit einem persönlich geprägten Arbeitsumfeld meist besser vereinbaren, als dies in größeren Kanzleistrukturen und insbesondere bei den internationalen Großkanzleien der Fall ist. Zudem besteht regelmäßig die Bereitschaft, auch individuelle Bedürfnisse der Mitarbeiter zu berücksichtigen und beispielsweise im Rahmen von flexiblen Arbeitszeitmodellen Freiräume zu schaffen.

Fazit

Ich hatte das Glück, die Gründungspartner von METIS bereits während meines
Referendariats in einer Großkanzlei kennenzulernen und das Projekt Kanzleigründung von Anbeginn – zunächst als wissenschaftliche Mitarbeiterin, später als Rechtsanwältin – begleiten zu können. Mich hat damals die Chance gereizt, Teil dieses Abenteuers zu sein und ich habe die Entscheidung, meinen Berufseinstieg bei einem neu gegründeten Spin-off zu wagen, bis heute nicht bereut. Wer an anspruchsvollen Mandaten interessiert ist und juristisch auf hohem Niveau arbeiten möchte, gleichzeitig aber die persönliche Atmosphäre einer kleineren Einheit schätzt, dem kann ich Spin-off-Kanzleien wie METIS nur ans Herz legen. Ob man sich eine anwaltliche Tätigkeit in einer solchen Einheit vorstellen kann, lässt sich während des Referendariats, eines Praktikums oder einer Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter gut erproben. Ein erfolgreicher Berufseinstieg setzt zudem nicht nur fachliche Kompetenz, sondern auch eine gewisse Kompatibilität auf persönlicher Ebene voraus. Insbesondere Letzteres lässt sich am besten in der täglichen Zusammenarbeit ausloten.

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